Kleine Geschichte der Toilette
1. Stille Örtchen in der Antike
Schon vor 2800 Jahren in Mesopotamien erfand man eine Art Toilette, die in so ziemlich jedem Haushalt zu finden war. Unterirdisch waren Abfallgruben, die alles auffingen. Die Römer kannten eine geselligere Art des „Geschäfte-Machens“: ihre Latrinen waren weite, aus Marmor oder Stein bestehende Bänke mit Löchern. Unterirdisch verlief ein Abwasserkanal, der in eine Kloake führte. Urin wurde aufgefangen und von Handwerkern wie Gerbern beruflich benutzt- daher kommt auch der Begriff „Geld stinkt nicht“. Latrinen waren ein Treffpunkt des sozialen Lebens und man diskutierte über Gott und die Welt. Nach getaner Arbeit reinigte man sich mit einem Schwamm, der in Wasser getränkt und an einem Stock befestigt war.
2. Das Mittelalter und der Abort
Da im Mittelalter das Wissen der Antike wenig beachtet wurde (es war ja nicht katholisch und deswegen nicht gut) fand ein Rückschritt in der Entwicklung der Toilette statt. In Burgen oder Häusern gab es sogenannte Abort-Erker. Das waren kleine Räume, die etwas hinausragten und deren Leitung meist im Freien oder in einem Gewässer endete. Erker in Häusern endeten gerne auch mal mitten auf der Straße- viele Reisende beklagten diese Zustände in ihren Berichten.
Ebenfalls beliebt waren Nachttöpfe. Da sich Toiletten nicht immer innerhalb eines Gebäudes befanden, half man sich, indem man Töpfe unter das Bett legte. Dort lagen sie die ganze Nacht, bis man mal musste, und nach verrichteter Arbeit wurden sie wieder unter das Bett geschoben. Den eventuellen Geruch musste man aushalten, bis man am Morgen alles aus dem Fenster kippte, zum Leidwesen derer, die darunter standen.
3. Versailles und der nicht-so-königliche-Klogang
Wenn Sie an das Schloss Versailles denken, was kommt Ihnen dann in den Sinn? Sicher nicht, dass es dort bestialisch gestunken hat. Abgesehen von goldenen Kronleuchtern und schicker Wandmalerei bot es auch 200 Zimmer- und eines zur Notdurft.
Damit man nicht mitten in einem Gespräch durch das halbe Schloss hüpfen musste, um mal „kurz aufs Klo“ zu verschwinden, gab es eine praktische Lösung: ein anderer Raum. Man verlies einfach den Raum, in dem man sich befand, verrichtete seine Notdurft in einem Zimmer nebenan und kehrte zurück zu seinem Gesprächspartner. Natürlich war es als feine Dame schwer, mit einem Reifrock in die Hocke zu gehen, denn selbst das Anziehen brauchte schon Stunden und mehr als zwei Hände. Wie gut, dass die Kleider so viele Schichten hatten. Damen in Versailles ließen in Gesprächen oder bei Rundgängen einfach laufen. Bemerkte ja keiner, unter der Schicht an Stoff. Dass die Menschen damals nicht viel von Hygiene hielten, zeigt auch deren Badeverhalten. Einmal im Monat galt schon als oft.
4. Die Erfindung der Keramiktoilette
Vor 400 Jahren kam ein Mann namens John Harington auf die Idee, ein Water Closet zu bauen, also das erste WC. Er konnte damit nur Königin Elisabeth begeistern, die das sofort in ihr Schloss einbauen ließ. Die meisten Menschen empfanden seine Erfindung als unnötig und so geriet sie in Vergessenheit.
Etwa 200 Jahre später gab es einen Erfinder namens Alexander Cummings, der mit Hilfe von Joseph Bramah das erste Klo mit echter Wasserspülung erfand: der Vorgänger unserer modernen Toilette. Damals noch aus Holz gebaut, empfand das Thomas William Twyford von Hanley als unschön. Der Töpfer erfand daraufhin die typische Toilettenform, wie wir sie heute kennen. Die Toilette aus Keramik war geboren – zumindest in unserem Kulturkreis. Aber welche Arten gibt es noch?
5. Dixiklos und fliegende Toiletten
Fred Edwards, ein Soldat, der in den 70er-Jahren in Deutschland stationiert war, hatte ein gehöriges Problem: er mochte es überhaupt nicht, dass er auf Manövern während seines Geschäfts ständig neben seinen Kameraden stand. Gepackt vom Ehrgeiz sagte er sich: ich muss das ändern. Und so erfand er die erste Toilette, die mobil war, und nannte sie Dixi. Wie das Wort „Tempo“ ein Taschentuch meint, ist mit „Dixi“ heutzutage jede mobile Toilette gemeint. Zum Einsatz kommen sie vor allem auf Baustellen, an schlecht zugänglichen Stellen wie Bergen oder auf Festivals.
Neben den klassischen Toiletten, die alle Geschäfte auf einmal auffangen, gibt es auch sogenannte Kompost-Toiletten. Diese trennen den Urin und den Kot, sodass erstens weniger Geruch entsteht und zweitens ein Kreislauf begonnen werden kann. Ausscheidungen kann man kompostieren und als Dünger verwenden. Im alten China baute man Kompost-Klos über Schweineställen, und da Schweine ja bekanntlich alles essen, hatte man auch gleich eine praktische Entsorgung.
Falls man in abgelegenen Orten Norwegens wandern geht, ist man schnell weitab jeglicher Zivilisation. Natürlich wurde daran gedacht und eine Lösung gefunden: das gute als Plumpsklo. Diese sind kleine Häuschen mit einer meist herzförmigen Aussparung an der Tür und enden in einer Grube. Somit bleiben auch abgelegene Wanderwege sauber und alles, was kompostiert werden kann, wird kompostiert.
Unterwegs in asiatischen und muslimischen Ländern finden sich häufig Stehtoiletten, auch Hochtoiletten genannt. Sie gelten als leicht zu reinigen und als hygienisch, da es keinen Kontakt zwischen eigentlicher Toilette und dem Benutzer gibt. Insbesondere Menschen, die diese Art nicht kennen, könnten Probleme bei der Benutzung kriegen. Auch sollte man vorsichtig sein, wenn man sich nicht lange in der Hocke halten kann.
Fliegende Toiletten können nicht wirklich fliegen, wie ihr Name andeutet. Sie werden vorrangig in Dritte-Welt-Ländern benutzt und bestehen aus einem Eimer und einem Klodeckel darauf. Dazwischen wird eine Tüte gespannt, die alle Ausscheidungen aufnimmt. Nach dem Besuch des stillen Örtchens wird die Tüte verschlossen und weit weg geworfen- also durch sie Luft befördert, daher der Name. Einige afrikanische Länder haben deswegen sogar den Verkauf von Plastiktüten verboten, da diese Methode alles andere als nachhaltig ist.
Futuristischer hingegen sind Toiletten in Zügen oder auf Schiffen, sogenannte Vakuum-Toiletten. Diese Festungen der Einsamkeit benutzen kaum Wasser. Nachdem man fertig ist, schließt man den Deckel und „spült“. Dabei wird einfach alles abgesaugt und eine kleine Menge Wasser wieder nachgespült. In herkömmlichen Haushalten ist diese Art nicht anzufinden.
Nachdem Herodot geschrieben hatte, dass Frauen im Stehen urinierten und Männer im Sitzen, wandte sich das Bild schnell. Denn heute ist es typisch, dass man sich als Frau hinsetzt und als Mann steht. Ein Problem, dass viele Frauen kennen, sind die langen Schlangen vor Frauentoiletten. Ganze 90% sind lediglich das kleine Geschäft, sodass man sich gefragt hat, ob es da nicht eine Lösung gebe wie das Pissoir. Und die gibt es: Pollee. Pollee ist eine schlanke Schüssel, auf die sich der Benutzer in Skisprunghaltung setzt, seine Arbeit erledigt und dann wieder geht. Angewandt wird Pollee gerne auf Festivals und überall dort, wo es keine Unisex-Toiletten gibt. Ist man unterwegs, gibt es Urinella, eine Papiervorrichtung, die es Frauen erlaubt, auch im Stehen zu pinkeln.
6. Die Latrine der Zukunft
Im Gegensatz zu Deutschland sind Länder wie Italien der Hygiene im Bad weit voraus. Dort haben 97% aller Haushalte ein Bidet, also ein Waschbecken für die Genitalien nach dem Toilettengang. Experten betiteln unsere Art der Hygiene nur mit Toilettenpapier als „nicht zeitgemäß“ und vorallem unhygienisch. Einfach Wasser ist da die beste Lösung, wie etwa in Dusch-WCs.
In Japan schon eigentlich gang und gäbe, hierzulande kommen sie nur schleppend in die Haushalte: Dusch-WCs. Diese Toiletten oder Toilettendeckel haben einen Arm, der ausfährt, wenn man einen Schalter betätigt, und befeuchten den Hintern des Benutzers. Somit kann dieser sich bequem gründlich reinigen und muss nicht einmal aufstehen. Sogar Toiletten mit integriertem Fön gibt es, die dem Benutzer warme Luft entgegenpusten. In Deutschland wagen sich bisher nur wenige Hersteller, in dieses Gebiet zu investieren. Dabei ist es die Zukunft, wenn wir hygienischer leben wollen.
Die Geschichte der Toilette ist keine kurze; sie kann jedoch bequem in einer Sitzung gelesen werden. Nun schreiten Sie mit diesem Wissen in die Welt hinaus- es wird langsam Zeit, es zu teilen.
Autor: Elli Romanou.
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